100 Tage „Schonfrist“: So lange haben Politiker:innen oder Manager:Innen meist Zeit, bis sie die ersten sichtbaren Ergebnisse vorweisen müssen. Bei Interim Manager:innen ist diese Frist aber deutlich kürzer: Als Richtlinie gelten ein Monat oder die ersten 30 Tage nach Arbeitsantritt.  

Welche Erwartungen an Interim Manager:innen bestehen innerhalb dieser Zeit? Und welche Erfahrungen und Erkenntnisse daraus sind für Manager:innen interessant, die bereits länger einen Job ausüben

Standortbestimmung und Marschroute nach den ersten 30 Tagen 

Unabhängig von der Dauer dieser „Schonfrist“ wird von den relevanten Stakeholdern erwartet, dass am Ende dieser Periode Klarheit zur aktuellen Situation, Problemursachen sowie wesentlichen (Projekt-) Risiken besteht. Zumindest sollte dann ein grober Plan bestehen, der definiert, wie die gesteckten (Projekt-)Ziele erreicht werden können. Die kürzere „Schonfrist“ für Interim Mananger:Innen ist einfach dem Umstand geschuldet, dass in den meisten Fällen, in denen sie zum Einsatz kommen, die Problemlage bereits verschärft ist und deshalb rasches Handeln erforderlich ist. 

Wie gehen professionelle Interim Manager:innen ans Werk? 

1. Vorbereitung: Die eigentliche Arbeit beginnt bereits vor den ersten 30 Tagen. Selbst wenn die Dauer zwischen Erstkontakt und Beauftragung nur wenige Tage beträgt, so ist professionelle Vorbereitung trotzdem sehr wichtig. Studium verfügbarer Information, Internetrecherche, Informationsanforderungen werden vorab definiert und gegebenenfalls können bereits Zugänge zu IT-Systemen vorbereitet werden. Damit gewinnt man Zeit bei der Einarbeitung, außerdem wird dem neuen Arbeitsumfeld bereits vorab eine strukturierte Arbeitsweise signalisiert. 

2. Präsenz:  Maximale Präsenz vor Ort ist essentiell, denn wirkungsvolle Interim Manager:innen agieren nicht aus dem Homeoffice. Interim Manager:innen müssen sichtbar und spürbar in der Organisation sein, Mitarbeiter:innen wollen sich persönlich ein Bild von den neuen Kolleg:innen machen, etwa im direkten Gespräch, in Diskussionen und in Workshops. Der notwendige Vertrauensaufbau kommt schneller in Gang und etwaige Unklarheiten und gegebenenfalls Missverständnisse können leichter vermieden werden. Gleichzeitig können Interim Manager:innen leichter bestimmte gewünschte Verhaltensweisen oder Spielregeln der Zusammenarbeit transportieren, was beispielsweise Pünktlichkeit oder Verbindlichkeit betrifft, indem sie dies sichtbar vorleben. 

3. Zuhören: Interim Manager:innen hören sehr aufmerksam zu, um die Sichtweisen und Meinungen der neuen KollegInnen möglichst vollständig aufzunehmen. Sie sind wie Schwämme, da häufig die Kolleg:innen sehr gute Ideen für Lösungsansätze haben. Auch wird der Vertrauensaufbau gefördert, insbesondere wenn Kolleg:innen in der Vergangenheit das Gefühl hatten, nicht ausreichend gehört worden zu sein. 

4. Kommunikation: Neben der klaren und verständlichen Sprache ist es äußerst wichtig, dass die Kolleg:innen vollumfänglich und transparent zum Projekt informiert werden und allfällige Fragen gestellt und beantwortet werden. Ein Kommunikationsplan hinsichtlich regelmäßiger Informationsupdates wird vereinbart. 

5. Statusbestimmung: Ohne weitestgehende Klarheit zum aktuellen Status und Problemursachen kann es keinen wirkungsvollen Plan geben. Die Erkenntnisse aus durchgeführten Analysen, aus Gesprächen, Workshops etc. verdichten sich zu einem ersten Bild, das es im Austausch mit den Kolleg:innen zu validieren und zu verfeinern gilt. Neben der Innensicht ist die Außensicht ein absolutes Muss, beispielsweise  im Sinne eines Wettbewerber-Vergleichs oder in Form von Kundenfeedbacks. 

6. Abgleich: Ein Abgleich des festgestellten Ist-Status mit den vorab definierten Projektzielen ist unabdingbar. Im Kern ist die Frage zu klären, ob sich die definierten Projektziele im vorgesehenen Zeitrahmen umsetzen lassen oder ob Adjustierungen der ursprünglichen Projektdefinition notwendig sind. 

7. Plan: Die Standortbestimmung ist die Basis für den Plan zur effektiven Lösung der Probleme. Dabei ist Klarheit bei der Formulierung der Maßnahmen nötig: Wer macht was bis wann? Die sollte, wenn immer möglich, mit einem quantifizierten Verbesserungsziel erfolgen, im Sinne von „vom Ist-Wert x auf den Ziel-Wert y“. Darüber hinaus ist es für eine nachfolgend erfolgreiche Umsetzung notwendig, den Plan mit den betroffenen Stakeholdern zu diskutieren, abzustimmen und deren Zustimmung dazu einzuholen.  

Im Ergebnis stehen erfolgreiche Interim Manager:innen nach den ersten 30 Tagen mit beiden Beinen auf festem Boden, haben einen klaren Plan für das weitere Vorgehen im Projekt und vor allem auch ein Team, das den Plan versteht, unterstützt und „zieht“. 

Was können Manager:innen daraus lernen? 

Unserer Ansicht nach können Manager:innen, die bereits länger einen bestimmten Job ausüben, davon vor allem in drei Aspekten lernen: 

1. Team: in den meisten Fällen gilt: ohne Team kein Umsetzungserfolg! Das Team erfolgreich mitnehmen erfordert „klassische“ Management-Tugenden wie etwa Zuhören, direkte Kommunikation auf Augenhöhe und Diskussion. So stellen Sie sicher, dass das gegenseitige Verständnis gegeben ist. 

2. Reality check: Für Manager:innen ist dieser Punkt besonders wichtig, da im Normalfall ausreichend Zeit dafür vorhanden ist. Es geht darum, sehr kritisch zu hinterfragen, ob die angenommene Position des Unternehmens, eines Bereichs, der Marktstellung etc. einer harten Realitätsüberprüfung standhält. Ist das Unternehmen oder ein Teilbereich tatsächlich so stark wie angenommen? Überprüfen Sie diese Annahmen bestmöglich, beispielsweise durch Benchmarks, Wettbewerber-Vergleiche oder Kundenfeedbacks. Manager:innen müssen sicherstellen, dass sie an den wichtigen Themen mit dem richtigen Anspruchsniveau arbeiten. 

3. Anspannung und Geschwindigkeit: Projektergebnisse sind besser, wenn konzentriert und fokussiert an einem Thema innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens gearbeitet wird. Sichtbares Vorankommen in einem Projekt wirkt motivierend und steigert das Commitment zum Projekt. Klar ist, dass Anspannung und Geschwindigkeit nicht zulasten der Ergebnisqualität gehen sollen und Zeitpläne in begründeten Fällen angepasst werden müssen. 

Es zeigt sich, dass die Parallelen sehr groß sind und Interim Manager:innen diese Leistung meist unter verschärften Bedingungen erbringen müssen, weil der Handlungsdruck höher ist und die Umsetzungszeit geringer. Insofern kann durch die Beobachtung erfahrener Interim Manager:innen „unter dem Brennglas“ erfolgreiche Management-Leistung studiert werden. 

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