„Wenn ein Aufsichtsrat immer über die Vergangenheit redet, dann weiß man, dass er keine Zukunft hat“, so Mag. Alfred Harl beim Jahrestreffen der Certified Supervisory Expert (CSE) gestern Abend im Julius-Raab-Saal der WKO in Wien.

Über 150 von UBIT Akademie Incite zertifizierte Aufsichtsräte waren anwesend, u.a. auch unser Partner Christian Kniescheck. Selbstverständlich wurde auch über Frühstücksdirektoren oder ehemalige Politiker gesprochen, die sich nicht entblöden, uns über die Medien mitzuteilen, dass sie nie eine Bilanz des von ihnen beaufsichtigten Unternehmens gesehen hätten. Eine perfekte Überleitung zum ersten Vortrag des Abends von Dr. Kathrin Weber von Torggler Rechtsanwälte: „Der Aufsichtsrat in der Unternehmenskrise.“

Aufsichtsräte können, ja müssen zahlreiche Informationsquellen nutzen:
1) Berichtspflicht des Vorstands / der Geschäftsführung (inkl. Sonderberichte)
2) Risikomanagement und IKS
3) Redepflicht des Jahresabschlussprüfers
4) Hinzuziehen von Sachverständigen
Selbstverständlich ist proaktives Handeln des ARs in der Krise gefordert, u.a. durch:
a) Intensivierung des Dialogs mit Vorstand / GF
b) Erhöhung der Sitzungsfrequenz
c) Einfordern einer Fortbestehensprognose
d) Einsetzen eines Sanierungsexperten bzw. einer Sanierungsexpertin in Vorstand / GF
e) Ausweitung des Katalogs der Zustimmungspflichten
Der AR hat zwar keine Insolvenzantragspflicht, sehr wohl aber die Aufgabe der Überwachung der Umsetzung der erforderlichen Sanierungsmaßnahmen.

Den zweiten Vortrag zu AR und KI hielt Anna Kofler von dryven / thynk AI. Ein Aufsichtsrat, der keine Ahnung von KI hat, kann heutzutage eigentlich kein guter AR mehr sein – weil er oder sie dann nicht die richtigen Fragen stellen kann und etwaige Risiken nicht identifizieren und beurteilen kann.
Die Gefahr, dass AI in naher Zukunft Aufsichtsräte ersetzt, sieht Anna Kofler nicht: „KI kann Entscheidungen vorbereiten, aber sie kann nicht Verantwortung für Entscheidungen übernehmen.“ Sehr interessant waren ihre Ausführung zu digitalen Agenten, also dass auch die KI mit klarem Fokus besser funktioniert. Für komplexe Aufgaben macht es Sinn, digitale Agenten zu schaffen, die dann immer überschaubare Aufgaben übernehmen.
Den Abschluss machte Martin Filipp von mi’pu’mi Games mit einem Vortrag über Gamification. Während in den USA bereits 270.000 Personen in der Spieleentwicklung arbeiten, ist die Branche mit 1.000 Personen und € 93 Mio. in Österreich noch überschaubar, aber auch hier werden immer öfter Spieleentwickler für andere Branchen eingesetzt. Neben Bereichen wie autonomem Fahren (Relevanz von Echtzeit wie im Gaming) und Fortbildung / Training / Führungskräfteentwicklung wird das Know-how von Spieleentwickler:innen zunehmend auch für Simulationen (virtuelle Fabriken), Recruiting und die Gestaltung von Benutzeroberflächen bei Industrieanwendungen genutzt. Grundsätzlich sind Spieleentwickler:innen Expert:innen bei der Frage, wie teilweise auch monotone Tätigkeiten mit Emotionen kombiniert und somit interessanter und abwechslungsreicher gemacht werden können. Auch bei agilen Arbeiten wird Gamification immer wichtiger.

Es war ein positive Überraschung, wie viele zertifizierte Top-Aufsichtsräte es dank Incite, seines Geschäftsführers Andreas Schweighofer und der jahrelangen Leiterin der Prüfungskommission Viktoria Kickinger schon gibt. Die Abkürzung CSE steht für „Certified Supervisory Expert“, und sie wird nach absolviertem Lehrgang und bestandener kommissioneller Prüfung immer für drei Jahre verliehen (danach Rezertifizierung erforderlich).