Bohuslav Lipovsky, Gründer der CE Interim Group, ist anerkannter Experte auf dem Gebiet des Interim-Managements, insbesondere in den kulturell vielfältigen Ländern Mittel- und Osteuropas (CEE). Seine umfangreichen Erfahrungen in den Bereichen Krisenmanagement, Turnaround Management und internationale Expansion haben ihn zu einer Schlüsselfigur gemacht bei der Unterstützung von Unternehmen, die hohe Komplexität in globalem Geschäftsumfeld bewältigen müssen. In diesem Interview, das von Nina Neubauer von Management Factory geführt wurde, teilt Bohuslav Lipovsky seine Erkenntnisse über die entscheidende Rolle interkultureller Kommunikation bei der erfolgreichen Durchführung von Interim Mandaten in Mittel- und Osteuropa.

Nina Neubauer: Bohuslav, Du bist seit mehr als einem Jahrzehnt maßgeblich an der Leitung erfolgreicher Interimseinsätze in Mittel- und Osteuropa beteiligt. Warum ist Deiner Erfahrung nach die interkulturelle Kommunikation für Interim Manager:innen, die in dieser Region tätig sind, so wichtig?

Bohuslav Lipovsky: Interkulturelle Kommunikation ist das Rückgrat von erfolgreichem Interim Management, insbesondere in einer so vielfältigen Region wie Mittel- und Osteuropa. Diese Region ist kein monolithisches Gebilde, sondern ein Mosaik aus Kulturen, Sprachen und Geschäftspraktiken. Das Verständnis der vielfältigen kulturellen Nuancen ist von entscheidender Bedeutung, da sie sich direkt darauf auswirken, wie Geschäfte abgewickelt werden, wie Beziehungen aufgebaut werden und wie Entscheidungen getroffen werden. Eine effektive kulturübergreifende Kommunikation ermöglicht es Interim Manager:innen, diese Unterschiede reibungslos zu überwinden, Missverständnisse zu vermeiden, die Projekte zum Scheitern bringen könnten, und sicherzustellen, dass Initiativen mit den lokalen Erwartungen und Normen übereinstimmen.

Nina Neubauer: Was sind einige der üblichen kulturellen Herausforderungen, mit denen Interim Manager:innen in Mittel- und Osteuropa konfrontiert werden, und wie können sie diese bewältigen?

Bohuslav Lipovsky: Eine der häufigsten Herausforderungen ist der unterschiedliche Grad an Formalität und Hierarchie in der Region. In einigen Ländern wie der Slowakei und Ungarn sind die geschäftlichen Interaktionen sehr formell, und die Einhaltung von Titeln und Hierarchien ist von entscheidender Bedeutung. In Ländern wie der Tschechischen Republik hingegen kann die Kommunikation direkter sein, ist aber dennoch tief in lokalen kulturellen Normen verwurzelt. Eine weitere Herausforderung besteht darin, das Gleichgewicht zwischen direkten und indirekten Kommunikationsstilen zu verstehen, die selbst innerhalb derselben Region sehr unterschiedlich sein können. Um diese Herausforderungen zu meistern, müssen Interim Manager:innen sehr anpassungsfähig sein. Sie müssen Zeit investieren, um die spezifischen kulturellen Kontexte kennen zu lernen, in denen sie tätig sind. Am einfachsten ist es aber natürlich, wenn Sie selber aus der jeweiligen Kultur stammen bzw. lange im Zielland gelebt haben.

Nina Neubauer: Kannst Du ein konkretes Beispiel nennen, bei dem die interkulturelle Kommunikation eine entscheidende Rolle für den Erfolg einem Interim Mandat gespielt hat?

Bohuslav Lipovsky: Sicherlich. Wir hatten einen Fall in Rumänien, bei dem ein internationales Produktionsunternehmen Schwierigkeiten hatte, seinen Betrieb zu modernisieren, weil es zu kulturellen Konflikten zwischen dem lokalen Team und der internationalen Führung aus Frankreich kam. Das lokale Team zögerte, neue Praktiken zu übernehmen, die das internationale Management während der Integration nach der Fusion eingeführt hatte, zum Teil aufgrund von Kommunikationslücken und zum Teil aufgrund mangelnden Verständnisses der lokalen Arbeitskultur. Wir arbeiteten mit einem Interim Manager zusammen, der nicht nur ein Experte für Lean Production war, sondern auch fließend Rumänisch sprach und mit den lokalen Geschäftsgepflogenheiten bestens vertraut war. Wie mehrere unserer kulturübergreifenden Interim Manager:innen war er französischer Herkunft, verheiratet mit einer Rumänin und lebte seit fast 15 Jahren in Rumänien.

Dieser Manager fungierte als kulturelle Brücke, indem er eine bessere Kommunikation ermöglichte, die Erwartungen anpasste und die neuen Praktiken schrittweise einführte, wobei er die Werte, Normen und Überzeugungen des lokalen Teams respektierte. Infolgedessen war das Projekt nicht nur erfolgreich, sondern führte auch zu einer deutlichen Verbesserung der Beziehungen zwischen dem lokalen und dem internationalen Management.

Nina Neubauer: Die digitale Transformation und der Einsatz von künstlicher Intelligenz sind weltweit ein heißes Thema. Wie siehst Du den Einfluss der interkulturellen Kommunikation auf diese Entwicklungen in Mittel- und Osteuropa?

Bohuslav Lipovsky: Digitale Transformation und Künstliche Intelligenz erfordern die Zustimmung aller Ebenen eines Unternehmens, was die interkulturelle Kommunikation noch wichtiger macht. In Mittel- und Osteuropa, wo die Akzeptanz der Digitalisierung von Land zu Land sehr unterschiedlich ist, müssen Interim Manager:innen ihren Ansatz an den jeweiligen kulturellen Kontext anpassen. In Ländern mit einer starken hierarchischen Struktur, wie z. B. Bulgarien, ist es beispielsweise wichtig, sich zunächst die Unterstützung der obersten Führungsebene zu sichern und die Initiative dann nach unten weiterzugeben. Andererseits ist es in egalitäreren Kulturen wie in den baltischen Staaten effektiver, das mittlere Management frühzeitig einzubeziehen und es aktiv in den Prozess einzubinden. Nur wenn Interim Manager:innen diese kulturellen Dynamiken verstehen, können sie sicherstellen, dass digitale Transformation reibungslos vonstatten geht.

Wusstest Du übrigens, dass die durchschnittliche Download-Geschwindigkeit des Internets in Rumänien mit 214 Mbit/s höher ist als in der Schweiz (205 Mbit/s)? Sie ist auch höher als in Deutschland (92 Mbit/s) und Österreich (94 Mbit/s) zusammen!

Nina Neubauer: Nachhaltigkeit wird in der Wirtschaft immer wichtiger. Wie geht CE Interim an Nachhaltigkeitsinitiativen in Mittel- und Osteuropa heran?

Bohuslav Lipovsky: Nachhaltigkeit gewinnt in der Tat an Bedeutung, und es ist ein weiterer Bereich, in dem interkulturelle Kompetenz entscheidend ist. Viele mittel- und osteuropäische Länder haben ganz eigene Umweltvorschriften und kulturell geprägte Einstellungen beim Thema Nachhaltigkeit. Interim Manager:innen müssen sich in diesem komplexen Umfeld zurechtfinden, indem sie nicht nur die rechtlichen Anforderungen, sondern auch die lokale Einstellungen der Mitarbeiter:innen und Kund:innen verstehen. In einigen Ländern, vor allem in der Slowakei oder in Polen, gibt es zum Beispiel eine starke kulturelle Betonung der Erhaltung natürlicher Ressourcen, z.B: des berühmten Gebirges Hohe Tatra. Dies kann genutzt werden, um die Unterstützung von Gemeinden und Interessengruppen für Nachhaltigkeitsprojekte zu gewinnen. CE Interim legt großen Wert auf die kulturelle (Aus)Bildung seiner Manager:innen, um sicherzustellen, dass sie in der Lage sind, mit diesen Nuancen umzugehen und Nachhaltigkeitsinitiativen voranzutreiben, die sowohl lokalen als auch globalen Standards gerecht werden.

Nina Neubauer: Welchen Rat würdest Du Unternehmen geben, die ihre interkulturellen Kommunikationsstrategien für Interim Management Mandate in Mittel- und Osteuropa verbessern wollen?

Bohuslav Lipovsky: Mein Rat wäre, mit dem kulturellen Verständnis zu beginnen, bevor ein Mandat beginnt. Das Verständnis für die lokale Kultur ist nicht nur ein Nice-to-have, sondern eine Notwendigkeit für den Erfolg. Unternehmen sollten in Schulungen investieren, die nicht nur Sprache und Etikette abdecken, sondern auch tiefere Einblicke in lokale Geschäftspraktiken, kulturelles Erbe und Entscheidungsprozesse vermitteln. Das ist auch eine Form der Wertschätzung. Darüber hinaus ist es von hohem Wert, ein Netzwerk von lokalen Kontakten aufzubauen, das kontinuierliche Einblicke und Beratung bieten kann. Unternehmen sollten Interim Manager:innen auswählen, die nicht nur über das technische Fachwissen, sondern auch über die kulturelle und emotionale Intelligenz verfügen, um sich in diesem komplexen Umfeld zurechtzufinden. Bei CE Interim konzentrieren wir uns auf diese Bereiche, um sicherzustellen, dass unsere Manager:innen auf die Herausforderungen der interkulturellen Kommunikation in Mittel- und Osteuropa bestens vorbereitet sind. Wir haben in unserem Pool sowohl lokale Manager:innen mit internationaler Expertise als auch internationale Manager:innen, die lange in den Zielländern gelebt haben. Somit können wir je nach Anforderungen des Auftraggebers so gut wie immer passende Interim Manager:innen empfehlen. Mit österreichische Interim Manager:innen haben wir übrigens auch sehr gute Erfahrungen gemacht. Da Österreich so klein ist und Österreicher:innen viel reisen, sind sie bezüglich kultureller Differenzen recht sensibel und können sich gut anpassen.

Nina Neubauer: Vielen Dank, Bohuslav, dass Du Dein Fachwissen mit uns teilst. Es ist mit nun noch bewusster geworden, wie und warum die Beherrschung der interkulturellen Kommunikation eine entscheidende Komponente für erfolgreiches Interim Management ist. Bei österreichischen Interim Manager:innen kommt wahrscheinlich auch dazu, dass viele Österreicher:innen familiäre Wurzeln in oder Beziehungen zu den angrenzenden Ländern Mittel- und Osteuropas haben. Das macht es wohl auch einfacher, die Leute dort zu verstehen und kulturelle Unterschiede nicht als Bedrohung, sondern als Bereicherung anzusehen.

Bohuslav Lipovsky: Ich danke Dir. Es war mir ein Vergnügen, diese wichtigen Themen mit der Management Factory zu diskutieren. Interkulturelle Kommunikation ist in der Tat ein Eckpfeiler unserer Arbeit. Bei Valtus und der Valtus Alliance haben 34 % der Mandate eine internationale Komponente. Gerade wir bei CE Interim bekommen sehr viele Anfragen von unseren Partnern aus Österreich, Deutschland, Frankreich und den Nordischen Ländern.