Ernennung und Angelobung des Kabinetts Bierlein am 3.6.2019. Bildquelle: www.bundespraesident.at/fotos Carina Karlovits/HBF und Peter Lechner/HBF

Brigitte Bierlein wurde als neue Regierungschefin mit der interimistischen Führung der Staatsgeschäfte beauftragt. Während Interimsregierungen in Österreich bisher unüblich waren, wächst der Markt für Interim Management in Österreich um zehn bis fünfzehn Prozent pro Jahr. Immer öfter setzen Eigentümer, Top-Management und Banken in Krisenzeiten externe Experten als CEO, CFO oder CRO ein, wobei CRO für „Chief Restructuring Officer“ steht. Wann ist das zielführend? Wann nicht? Und was müssen Sie beachten, wenn Sie in einer Unternehmenskrise einen Interim Manager einsetzen?


In diesem Newsletter erhalten Sie Antworten auf folgende Fragen:

  1. Wann zahlt sich ein Interim Manager als CRO aus?
  2. Was ist bei der Auswahl eines CRO zu berücksichtigen?
  3. Was sind die Hauptgründe für den Erfolg bzw. für das Scheitern eines CRO?

Zur Beantwortung dieser Fragen konsultierten wir neben einschlägiger Literatur die DÖIM (Dachorganisation Österreichisches Interim Management) und die Experten der Management Factory mit langjähriger Erfahrung als CRO.

1. Wann zahlt sich ein Interim Manager als CRO aus?

Während die Kosten für einen Kanzler bzw. eine Kanzlerin unabhängig von der Dauer des Einsatzes und der Größe der Krise anfallen, ist die Beschäftigung eines Interim Managers kostspieliger als jene eines dauerhaft angestellten Managers. Der Tagsatz für einen Interim Manager in der Krise beträgt in vielen Fällen etwa ein Hundertstel des Jahresbruttogehalts einer fest angestellten Führungskraft mit vergleichbaren Qualifikationen. Jedoch ist in der Regel der Nutzen des Interim Managers auch höher, da er oder sie die notwendige Erfahrung mitbringt, großen Schaden abzuwenden (z.B. Insolvenzgefahr) bzw. großen Nutzen zu stiften (z.B. bei einer Post-Merger-Integration oder einer rasch umzusetzenden strategischen Neuausrichtungen).

Die Entscheidung bezüglich des Einsatzes eines Interim Managers als CRO sollte zweistufig erfolgen. Im ersten Schritt sind Veränderungsbedarf und Komplexität der Aufgabe zu beurteilen und im zweiten Schritt der Zeithorizont bis zum Start des CRO zu fixieren. In dem Zusammenhang stellt sich immer die Frage, ob ein erfahrener Manager des eigenen Unternehmens oder der Unternehmensgruppe mit entsprechendem Know-How für einen längeren Zeitraum freigespielt werden kann.

TIPP

Involvieren Sie die anderen „Cs“ (CEO, CFO, COO) bei der Auswahl des CROs. Wenn Veränderungsbedarf und Komplexität hoch sind, dann kann nur ein gut zusammenarbeitendes Team optimale Ergebnisse erzielen.

Sollten Sie sich für eine externe Besetzung entscheiden, so bringt das im Vergleich zu einer internen Besetzung trotz der höheren Kosten mehrere Vorteile mit sich:

  • Signal für Transparenz, Objektivität und bestmögliche Lösungen (faires Austarieren der Interessen der Stakeholder)
  • Unbelastet von der Vergangenheit ein klarer Blick nach vorne
  • Blick von außen, mit externem Know-How
  • Kurzfristige Verfügbarkeit
  • Kurzfristige Kündbarkeit, keine Lohnnebenkosten, keine Sonder-,  Urlaubs- und Krankenstandszahlungen, keine Weiterbildungs- und Exitkosten

Bei Interim Managern ist auch die Gefahr der „Freunderlwirtschaft“ geringer. Interim Manager bleiben per definitionem nur eine bestimmte Zeit im Unternehmen, und der private Wohnort mit Familie und Freunden ist meist nicht in der Nähe. Dementsprechend können Entscheidungen stärker nach objektiven Kriterien gefällt werden. Persönliche Loyalitäten spielen bei Interim Managern selten eine Rolle.

Doch was sind die konkreten Beweggründe, um Interim Manager im Unternehmen einzusetzen? In 33 % der Fälle müssen Vakanzen kurzfristig überbrückt werden, bei 29 % geht es um Change Management und Transformation. Gerade die Begleitung von Veränderungsprozessen wird im Interim Management immer wichtiger. Restrukturierungen, Sanierungen, Krisen und Eigentümerwechsel sind mit 24 % ein weiterer wichtiger Grund für den Einsatz von Interim Managern. Auch Business Development gewinnt an Bedeutung, 14 % der Interim-Mandate werden zu diesem Zweck vergeben.

Generell zeigt die Erhebung der Management Factory, dass Eigentümer und Top-Manager zunehmend auch bei Vorhaben abseits von Krisen Manager mit Restrukturierungserfahrung einsetzen. Warum das so ist? Weil die Wirtschaft zunehmend VUKA wird:

V … volatil

U … unsicher

K … komplex

A … ambig (mehrdeutig)

Restrukturierern ist diese Welt vertraut. Sie sind gewohnt, sich schnell einen Überblick zu verschaffen, rasch in den Entscheidungsmodus überzugehen und dann agil und projektbezogen zu arbeiten. Im Unterschied zu einem Berater kann der Chief Restructuring Officer auch gleich selbst die Umsetzung übernehmen.

TIPP

Geben Sie einem CRO auch operative Verantwortung, d.h. übertragen Sie ihm die Führung ausgewählter Bereiche. So signalisieren Sie, dass Sie es mit der Veränderung ernst meinen und dass Sie damit ganz oben anfangen. Und nennen Sie den CRO nicht CRO, sondern verwenden Sie einen neutralen Begriff wie z.B. COO (Chief Operating Officer) oder Kaufmännischer Leiter. Das vereinfacht die interne und vor allem die externe Kommunikation.

Selbstverständlich können Sie bei großen anstehenden Aufgaben auch auf einen klassischen Berater zurückgreifen, oder auf Turnaround Manager ohne Organfunktion und ohne Bereichsverantwortung. Damit steigt aber die Gefahr, dass die Beharrungskräfte im Unternehmen die Oberhand gewinnen und dass der Interim Manager „zahnlos“ bleibt. Unsere Expertenumfrage zeigt hier ein eindeutiges Bild: 88 % der befragten Interim Manager sind der Meinung, dass eine direkte Führungsverantwortung des CROs essenziell ist für die Akzeptanz im Unternehmen, für die Informationsbeschaffung und für einen erfolgreichen Turnaround.

2. Was ist bei der Auswahl eines CRO zu berücksichtigen?

Hier hilft wieder der Vergleich mit einer Interimsregierung, lassen sich doch einige Analogieschlüsse ziehen:

Allein schon die Bestellung eines Interim Managers in einer Top-Position bringt in Unternehmen einiges in Bewegung. Meist gibt es Ängste, aber auch Aufbruchsstimmung, Machtkämpfe, aber auch neue Allianzen – und fast immer den Versuch, den Neuen auf „seine“ Seite zu ziehen.

Aus systemischer Sicht ist die Einsetzung eines CRO eine starke Intervention in der Organisation, man könnte auch sagen: eine Operation am offenen Herzen. Es geht somit nicht nur um fachliche Expertise, sondern auch um die charakterliche Eignung und Reife des Kandidaten. Otto Scharmer, Professor am Massachusetts Institute of Technology MIT und Entwickler der „Theory U“, bezeichnet diesen persönlichen Eigenschaften einer Führungskraft, den „inner state“, als blinden Fleck der Leadership-Literatur.

Bill O’Brian, ehemaliger CEO der Hanover Insurance, brachte den Zusammenhang von Persönlichkeit und Ergebnis auf den Punkt. Als er gefragt wurde, was bei Change-Initiativen das wichtigste sei, antwortete er: „The success of an intervention depends on the interior condition of the intervenor.” Auch bei Restrukturierungen, bei denen man anfangs nicht genau weiß, was am Ende herauskommt und bei denen agiles Arbeiten essenziell ist, trifft diese Einsicht zu.

TIPP

Legen Sie die Suche nach einem interimistischen CRO so an wie die Suche nach einem neuen Geschäftsführer oder Vorstand. Erstellen Sie ein Profil der Position (z.B. umfangreiche Krisenerfahrung, Führungs- und Durchsetzungsfähigkeit, Entscheidungsfreudigkeit, starke analytische und kommunikative Fähigkeiten, unternehmerisches Denken, emotionale Kompetenz). Vergleichen Sie mehrere Kandidaten und Kandidatinnen, involvieren Sie Ihre HR, holen Sie Referenzen ein und hören Sie dann auf Ihr Bauchgefühl.

Hier noch ein paar weitere Parallelen zwischen Übergangsregierungen und Interim Managern:

TIPP

Nehmen Sie einen CRO, der bei einem auf Interim Management spezialisierten Unternehmen fix angestellt ist. Prüfen Sie auch, ob diese Führungskraft bereits bei mehreren Mandaten zeigen konnte, dass er oder sie das „Handwerk“ versteht und ein Unternehmen führen kann. Bei Freelancern und Ein-Personen-Unternehmen ist die Qualitätskontrolle naturgemäß schwieriger.

Interim Manager der Management Factory (Auswahl)

Sie suchen einen Interim Manager und wollen neben der Management Factory noch ein zweites Unternehmen anfragen? Dann können wir Ihnen folgende Firmen empfehlen:

  • GOiNTERIM
  • Bühler Management
  • Deloitte Recruiting Services Interim Management
  • P+P Interim Management

Nun aber zu den großen Unterschieden zwischen einer Interimsregierung und einem interimistisch eingesetzten CRO, CFO oder CEO:

Während die aktuelle Expertenregierung in Österreich nach eigener Aussage den Status Quo beibehalten möchte, wird ein Restrukturierer fürs Verändern bezahlt. Wobei die Kunst in der Formulierung des Sanierungsauftrags und in der Priorisierung der zu setzenden Schritte liegt.

TIPP

Fassen Sie den Sanierungsauftrag ergebnisoffen und weit. Geben Sie dem CRO drei Monate bzw. 100 Tage, um einen Restrukturierungsplan zu erarbeiten und mit Ihnen abzustimmen.

Wenn Sie als Eigentümer, Top-Manager oder Banker selbst bereits zum Zeitpunkt der Beauftragung genaue Vorstellungen haben, beispielsweise vom Inhalt, von der Vorgehensweise und vom Ergebnis der Restrukturierung, dann lassen Sie dennoch zu, dass der Chief Restructuring Officer sich mit seinen anderen „C-Kollegen“ eine eigene Meinung bildet und diese dann mit Ihnen diskutiert. Gerade bei Sanierungsfällen gibt es in vielen Bereichen relevante Defizite. Die wahre Kunst der Sanierung liegt nicht (nur) in der Analyse, sondern in der Taktung der Umsetzung. Welche Maßnahmen bzw. Arbeitspakete sind mit den vorhandenen Ressourcen in welcher Reihenfolge umzusetzen? Vertrauen Sie bei dieser Frage auf die Expertise des CRO.

TIPP

Nehmen Sie als CRO einen Manager mit zumindest ein paar Jahren Beratungserfahrung. Eine Restrukturierung, eine Post-Merger-Integration und auch eine Unternehmenstransformation sind als große Projekte mit zahlreichen Teilprojekten zu strukturieren und zu führen. Berater sind hier meist fitter als in der Linie sozialisierte Manager. Sie verfügen über einen umfangreicheren Werkzeugkoffer an Methoden und Tools und konnten in den Jahren als Berater auch oft die erforderlichen Soft Skills stärken.

3. Was sind die Hauptgründe für den Erfolg bzw. für das Scheitern eines CRO?

Ein professioneller Auswahlprozess ist wichtig, um einen Kandidaten oder eine Kandidatin mit dem passenden Profil für die CRO-Position zu finden. Ob das Interim Mandat dann aber vom CRO auch erfolgreich wahrgenommen werden kann, hängt von mehreren Punkten ab, wie eine Expertenumfrage der Management Factory ergab. Die folgenden Hauptgründe für Erfolg und Misserfolg wurden nach Relevanz gereiht:

Sie erwägen den Einsatz eines Interim-Managers als CEO, CFO oder CRO in Ihrem Unternehmen? Die Management Factory unterstützt Sie hierbei gerne. Wir würden uns auf ein Gespräch mit Ihnen freuen.