Anpacken statt Überbrücken – Natascha Ickert interviewte Gisela Kollmann, Hermann Pavelka-Denk und Nina Neubauer und beschreibt in ihrem Artikel in Der Standard wie der Arbeitsalltag einer Interim Managerin aussieht.

Eine Führungskraft geht, die nächste kann erst später anfangen. Und die Zeit dazwischen? Kann sinnvoll genutzt werden. Eine Interimsmanagerin erzählt.

Vor mehr als zehn Jahren beschloss Gisela Kollmann, neue Wege zu gehen. Mehr als 15 Jahre war sie als Personalerin in verschiedensten Firmen und Funktionen tätig. Nun war es Zeit für die Freiheit, die Selbstständigkeit. So begann ihr Leben als Interimsmanagerin. Aber was ist das überhaupt? Stellen Sie sich vor: In Ihrer Firma stehen große Projekte an, und plötzlich fällt die zuständige Führungskraft aufgrund einer Krankheit aus. Was nun? Ein Weg könnte ein Interimsmanager oder eine Interimsmanagerin sein. Diese Person springt für nur wenige Monate im Management ein. Sofort und effektiv.

Wie funktioniert das? „An uns wenden sich immer wieder Firmen, die möglichst rasch eine Managementposition besetzen möchten“, erzählt Hermann Pavelka-Denk, Gründer und Geschäftsführer der Personalberatungsfirma Pavelka-Denk. Denn die finanziellen und sozialen Kosten, die bei einer längeren Suche nach einem oder einer geeigneten Nachfolgerin entstehen können, sind nicht zu unterschätzen, gibt der Experte zu bedenken. Fehlt eine Führungskraft, bleibt oft viel Arbeit liegen, das Team wird unzufriedener oder strategische Themen werden nicht weiterverfolgt. „Das alles kann auch zu einem Geschäfts- oder Umsatzrückgang führen“, erklärt er.

Neuer Job in drei Tagen

Aber eine gute Personalsuche braucht Zeit, allein schon aufgrund der Kündigungsfristen. Ein weiterer Vorteil eines Übergangsmanagers ist, dass diese Person an die Personalvermittlungsfirma rückmelden kann, welche Fähigkeiten und Wissen für die Bestellung der fixen Position besonders benötigt werden, und so die Suche verfeinert werden kann. Seit eineinhalb Jahren arbeitet die Firma Pavelka-Denk deshalb mit einer weiteren Personalvermittlungsagentur zusammen, die auf Interimsmanagement spezialisiert ist.

Deren Versprechen: In nur wenigen Tagen kann eine hoch qualifizierte Übergangsführungskraft gefunden werden. Wie ist das möglich? „Wir haben einen großen Pool an selbstständigen Managerinnen und Managern, die wir in solchen Fällen gezielt ansprechen und vermitteln“, sagt Nina Neubauer, Partnerin der Management Factory, die auf die Suche und Vermittlung von Interimsmanagern spezialisiert ist.

Abwechslungsreicher Job

„Routine ist nichts für mich. Mich motiviert die Abwechslung“, sagt Kollmann. Die 51-jährige Kärntnerin war schon in den verschiedensten Branchen als interimistische Personalchefin, Projektleiterin und Change Managerin tätig: IT, Produktion, Telekommunikation, Smart Packaging, Stahlbau, Sportindustrie, Maschinenbau, Beratung, im Gesundheitswesen oder Kreativbranche. Die Größe der Betriebe, die sie anheuern, ist sehr unterschiedlich – meist sind es mittlere oder große Firmen. Zwischen sechs Monaten bis zu einem Jahr arbeitet sie jeweils für einen Auftraggeber.

Diese Art von Übergangschefinnen und -chefs sind für alle Führungsebenen geeignet – von C-Level bis zum mittleren Management. Egal, ob Projektleiterin, Personalchef, Spezialistin oder Bereichsleiter – eine zwischenzeitliche Führung ist in allen Bereichen möglich. „Die Personen, die interimistisch in das Unternehmen kommen, bringen häufig nicht nur eine beeindruckende Qualifikation, sondern auch tiefgreifende Expertise mit, die weit über die Anforderungen der jeweiligen Position hinausgeht“, sagt Neubauer. Nur so ist es möglich, dass sie sofort ins Tagesgeschäft einsteigen.

Breites Aufgabenspektrum

Es gibt keine Einarbeitungszeit, erzählt sie. Die Kunden äußern oft unpräzise, was sie von einem interimistischen Einsatz erwarten. „Man durchläuft kein klassisches Onboarding, sondern muss sich alle Informationen selbst zusammensuchen“, sagt Kollmann. Oft sind die Themen aufwendiger oder vielfältiger, als Kunden sich das vorstellen. „Es hilft in diesem Fall, von vornherein transparent zu klären, was in der Zeit machbar ist und was nicht.“ Es erfordert einen gewissen Mut und Unerschrockenheit zu benennen, was nicht funktioniert. „Aber ich bin nicht da, um Dinge schönzureden“, betont sie.

Was waren ihre genauen Aufgaben als interimistische Personalchefin? Sie digitalisierte Prozesse im Personalbereich, erarbeitete Gehaltsschemata und half bei Personalaufbau und Kündigungen. Ein großes Projekt, das sie anvertraut bekam, war die Einführung und Umsetzung eines neuen Dienstplanungs- und Zeiterfassungsprogramms in einem Betrieb mit rund 5000 Mitarbeitenden an knapp 100 Standorten.

Oft managen Übergangsmanagerinnen Krisen, führen die operativen Tätigkeiten weiter oder entlasten das Personal. „Was Auftraggeber häufig unterschätzen, ist, dass Interimsmanagerinnen und -manager nicht nur ihre Expertise einbringen, sondern auch jüngere Mitarbeitende oder angehende Führungskräfte gezielt fördern können“, erzählt Neubauer.

Anpassungsfähigkeit ist wichtig

Was man als Interimsmanagerin nicht findet, ist eine konstante Einbindung in ein „soziales Gefüge“, berichtet Kollmann – weil man keine Arbeitnehmerin, sondern selbstständig ist und deswegen nicht derart eingebunden ist. „Um diesen Job gut machen zu können, muss man unter extremem Druck agieren können, sich trotz des Stresses gut organisieren und immer den Überblick bewahren“, gibt Kollmann zu bedenken. Die Arbeit ist oft sehr fordern, und die Arbeitszeiten gehen meist weit über das normale Maß hinaus.

Ist ihre Auftragszeit vorüber, ist das Ende meist abrupt: „Von heute auf morgen hat man plötzlich keine Aufgaben mehr.“ Sich in diesen Zwischenphasen bis zum nächsten Auftrag gut zu erholen ist wichtig, sagt sie. Schon mehrmals haben Firmen versucht, sie als reguläre Angestellte für sich zu gewinnen, aber dieser Verlockung hat sie bisher immer widerstanden. Freiheit und Abwechslung sind ihr mehr wert.

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