Das Risiko eines Konkurses oder einer Umstrukturierung wirft einen großen Schatten auf Unternehmen in Schwierigkeiten. Um mehr darüber zu erfahren, wie man mit so einer kritischen Situation in Dänemark umgeht, haben wir mit Line Lundorff Brokholm gesprochen, einer erfahrenen und auf Insolvenzen spezialisierte Anwältin bei der dänischen Anwaltskanzlei Horten. Mit ihrem Fachwissen unterstützt Line Lundorff Brokholm notleidende Unternehmen in turbulenten Zeiten mit Know how und strategischer Beratung.

Können Sie uns etwas über Ihre Rolle als Fachanwältin für Insolvenzrecht in Dänemark erzählen?

„Als Insolvenzanwältin konzentriere ich mich darauf, notleidende Unternehmen, die vor finanziellen Herausforderungen stehen, auf der Grundlage der Anfragen von Eigentümern und Geschäftsführern durch eine Insolvenz oder eine Umstrukturierung zu führen. Ich berate auch Gläubiger:innen, die Forderungen gegen notleidende Unternehmen haben. Meine Kund:innen, d. h. in diesem Fall der/die Geschäftsführer:in oder der Vorstand, wenden sich oft erst in einem späten Stadium an mich, wenn sich das Unternehmen bereits in einer finanziellen Notlage befindet. Ich rate notleidenden Unternehmen dringend, sich in einem früheren Stadium rechtlich beraten zu lassen. Wenn wir früher eingreifen, können wir mehr Optionen ausloten und bessere Strategien entwickeln, um die finanziellen Herausforderungen zu mildern.

Warum ist es wichtig, den CFO in den Sanierungsprozess einzubeziehen?

„Der CFO ist oft ein:e entscheidender Partner:in bei der Sanierung eines Unternehmens, da er über umfassendes Wissen bezogen auf die Finanzen des Unternehmens verfügt. Die Zusammenarbeit mit dem CFO stellt sicher, dass wir ein umfassendes Verständnis der finanziellen Situation haben und gut informierte Entscheidungen treffen können.“

Wie läuft eine Restrukturierung oder ein Konkursantrag in Dänemark ab?

„Der Prozess beginnt mit einer gründlichen Bewertung der Finanzen und der Situation des Unternehmens. Auf der Grundlage dieser Bewertung beraten wir, ob eine außergerichtliche Restrukturierung oder ein Insolvenzantrag die beste Lösung ist. Eine Restrukturierung kann teurer sein, bietet aber die Möglichkeit des Überlebens, wenn das Unternehmen über einen ausreichenden Cashflow verfügt. Wenn ein Unternehmen bei Gericht einen Antrag auf Einleitung einer Restrukturierung stellt, wird ein Sanierungsbeauftragter ernannt. Der/Die Sanierer:in muss alle Gläubiger:innen über die Sanierung informieren und einen Sanierungsplan vorschlagen. Die Gläubiger:innen müssen diesem Plan zustimmen, um das Sanierungsverfahren fortzusetzen, das sich über mehrere Monate erstrecken kann. Während des Sanierungszeitraums müssen Mittel bereitgestellt werden, die als Dividende an die Gläubiger:innen ausgeschüttet werden können – beispielsweise durch den Verkauf von Vermögenswerten oder die Bereitstellung von zusätzlichem Kapital.“

Welche Rolle spielt ein Sanierungsbeauftragter in dem Verfahren?

„Ein:e Sanierungsbeauftragte:r, in der Regel ein:e vom Gericht bestellter Rechtsanwalt:in, überwacht das Sanierungsverfahren im Namen der Gläubiger:innen. Er/Sie stellt sicher, dass sich das Unternehmen an den vereinbarten Plan hält und kann bei wichtigen Entscheidungen beratend tätig werden. Es ist wichtig, dass der/die Saniererin unparteiisch bleibt und im besten Interesse der Gläubiger:innen handelt.“

Wie hat sich das jüngste wirtschaftliche Klima auf Ihre Arbeit ausgewirkt?

„Die jüngste Rezession und die unbeständige Wirtschaftslage haben zu einer Zunahme von Sanierungen und Insolvenzen geführt. Eine frühzeitige Beratung kann die Erfolgsaussichten erhöhen, da sie den Gläubigern proaktive Maßnahmen aufzeigt. Es war ein arbeitsreicher Start ins Jahr 2024, und wir geben unser Bestes, Unternehmen bei der Bewältigung dieser Herausforderungen zu unterstützen.

Wenn ein Unternehmen vor einem Insolvenz oder einer Restrukturierung steht, sind in der Regel mehrere Schlüsselbereiche betroffen:

  1. Führungsteam: Das Führungsteam spielt eine entscheidende Rolle, wenn es darum geht, das Unternehmen durch den Prozess zu steuern. Es muss möglicherweise schwierige Entscheidungen über die Zukunft des Unternehmens treffen und effektiv mit den Interessengruppen kommunizieren.
  2. Rechtsbeistand: Es ist empfehlenswert, dass Unternehmen sich rechtlich vertreten lassen, um die komplexen rechtlichen Verfahren, die mit einem Insolvenz oder einer Umstrukturierung einhergehen, zu bewältigen. Ein Rechtsbeistand hilft dem Unternehmen, seine Rechte, Pflichten und Möglichkeiten laut Gesetz zu verstehen und sich im juristisch vorgegebenen Rahmen möglichst gut zu bewegen..
  3. Finanzberater:innen: Finanzberater:innnen verfügen über Fachwissen in finanziellen Angelegenheiten, z. B. bei der Bewertung der finanziellen Situation des Unternehmens und der Analyse der Durchführbarkeit verschiedener Optionen.
  4. Gläubiger:innen: Gläubiger:innen sind natürliche oder juristische Personen, denen das Unternehmen Geld schuldet. Sie haben ein erhebliches Interesse am Ausgang des Insolvenz- oder Restrukturierungsverfahrens und sind an den Verhandlungen zur Begrenzung ihrer Verluste beteiligt.
  5. Die Aktionäre:innen: Die Aktionär:innen sind die Eigentümer des Unternehmens und können von Entscheidungen, die während des Konkurs- oder Umstrukturierungsverfahrens getroffen werden, betroffen sein.
  6. Arbeitnehmer:innen: Die Mitarbeiter:innen sind wichtige Interessengruppen in jedem Unternehmen, das von einer Insolvenz oder einer Restrukturierung betroffen ist. Sie sind möglicherweise besorgt über die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes, Änderungen bei der Vergütung oder den Sozialleistungen und die allgemeine Zukunft des Unternehmens.
  7. Aufsichtsbehörden: Je nach Branche und Rechtsprechung können die Aufsichtsbehörden den Insolvenz- oder Restrukturierungsprozess überwachen oder daran beteiligt sein. Die Einhaltung der geltenden Gesetze und Vorschriften ist unerlässlich.
  8. Kund:innen und Zulieferer: Kund:innen und Lieferanten können von den finanziellen Schwierigkeiten des Unternehmens betroffen sein. Je nach Art ihrer Beziehung zum Unternehmen kann es zu Unterbrechungen im Service, zu Änderungen in Verträgen oder Vereinbarungen oder zu anderen Auswirkungen kommen.
  9. Gerichte und Treuhänder: In formellen Insolvenzverfahren überwachen Gerichte und Treuhänder das Verfahren, um Fairness und die Einhaltung der geltenden Gesetze zu gewährleisten. Sie können Umstrukturierungspläne genehmigen, den Verkauf von Vermögenswerten überwachen und Streitigkeiten zwischen den beteiligten Parteien schlichten.