Die meisten börsennotierten Firmen legen Ende des ersten Quartals ihre Jahresabschlüsse in Form von Geschäfts- und Nachhaltigkeitsberichten der Öffentlichkeit vor. Heuer erfolgt dies zum letzten Mal in der gewohnten Weise, denn die Mitte letzten Jahres auf europäischer Ebene in Kraft getretene CSRD, die Corporate Sustainability Reporting Directive, schreibt für das Geschäftsjahr 2024 erstmals verpflichtend eine integrierte gleichrangige Umwelt- Sozial und Wirtschaftsberichterstattung im Lagebericht vor.

Seit 2017 mussten börsennotierte Unternehmen nach der Non Financial Reporting Directive (die mit dem NAViDeG in Österreich umgesetzt wurde) ihre Aktivitäten zu den Themen Umwelt- und Soziales im jährlichen Geschäftsbericht nach internationalen Standards offenlegen. Die meisten Unternehmen haben dafür die Standards der sogenannten Global Reporting Initiative (GRI) herangezogen, einem Standard, die unter Zutun der United Nations entwickelt wurden.

Der neue Europäische Rechtsrahmen der CSRD ist nun viel präziser und gibt mit den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) klare methodische Vorgaben, dass und wie die Umwelt- & Sozialberichterstattung im jährlichen Lagebericht auf demselben Level wie die Finanzberichterstattung zu verankern ist.

Mehr zum in Österreich gültigen rechtlichen Regelwerk finden Sie im Artikel „ESG: Welche Regeln von welchen Unternehmen zu beachten sind“

Unser Interim Manager Jürgen Wahl ist derzeit bei einem börsenotierten österreichischen Konzern in Sache ESG unterwegs. Er stellt fest, dass die Einführung vielfach und zum Teil auch zu Recht als Bürokratiemonster gebrandmarkt wird. Doch ist die Implementierung für börsenotierte Firmen, die mit dem Aufbau und Management von detaillierten Reporting-Strukturen in der Regel vertraut sind, etwas einfacher. Deshalb haben KMUs ab 250 Mitarbeiter:innen und mindestens EUR 50 Mio. Umsatz von der Europäischen Union auch ein Jahr mehr Zeit zur Umsetzung der Richtlinien bekommen.

Vor allem lohnt sich laut Jürgen Wahl eine systematische und pragmatische Herangehensweise, um die Nachhaltigkeits-Berichterstattung auf die neuen Rechtsgrundlagen anzupassen.

Neben der Erweiterung der unternehmensinternen Organisationsstrukturen um die zwölf neuen Reporting-Standards (zwei allgemeine und zehn thematische ESRS-Standards) ist es auch notwendig, die Datenerhebungsprozesse dafür festzulegen.

Erleichternd ist jedenfalls, dass sogenannte Phase-In-Regelungen die Möglichkeit eröffnen, anfänglich nur wesentliche Teilbereiche (176 statt 823 Datenpunkte) nach außen zu berichten und dass auch eine Überleitungstabelle von GRI auf ESRS veröffentlicht wurde, die die Anpassungen bzw. Erweiterungen systematisch erfasst.

Es lohnt sich, mittels Durchführung einer Gap-Analyse alle 823 vorgegebenen Datenpunkte zu sichten, um festzustellen, wie gut das Unternehmen punkto Umwelt- und Sozialberichterstattung bereits aufgestellt ist, um in den darauffolgenden Berichtsjahren die Reporting Lines zu verfeinern und die Datenqualität schrittweise zu verbessern.

Vor allem beim Thema Dekarbonisierung gilt es, von Anfang an den sogenannten Corporate Carbon Footprint systematisch zu erheben, der nach drei Scopes gegliedert ist: Eigene Erzeugung, zugekaufte Energie sowie CO2-Rucksack der vor- und nachgelagerten Lieferkette.

Aus den einzelnen Unternehmenszielen werden die kurz- mittel- und langfristigen Reduktionsmaßnahmen erarbeitet und in Form eines sogenannten Klimaübergangsplanes zusammengefasst:

Weiters gilt es, die mit der Dekarbonisierung einhergehenden Chancen und Risiken und deren Auswirkungen auf das Geschäftsmodell und damit auch auf die Gewinn- & Verlustrechnung systematisch zu erfassen und zu quantifizieren.

Dies hört sich mühsam an, doch sollte dies alleine schon aufgrund der kaufmännischen Sorgfaltspflichten und zur Vermeidung von übergebührenden Kosten Teil jeder professionellen Unternehmenssteuerung sein („You can´t manage what you can´t measure“). Es können auf diesem Weg auch neue Geschäftschancen und damit zusammenhängende Innovationen umsatzseitig quantifiziert werden.

Neben einer aktiven Einbeziehung und guten Kommunikation zur Bewusstseinsbildung und Motivation aller operativ mitverantwortlichen Akteure sind klare Vorgaben und realistische Ziel- & Zeitpläne der Schlüssel für die erfolgreiche Einführung eines konzernweiten ESG-Reportings.  

Zahlreiche Unternehmen ziehen zur Unterstützung Berater:innen heran. Eine gute Alternative ist je nach Unternehmensgröße und -organisation für die Phase der Implementierung auch die Beschäftigung eines Interim-Managers bzw. einer Interim Managerin als Programm-Manager:in und Sparring-Partner:in des Boards und der Nachhaltigkeitsabteilung.

Ein:e Interim ESG-Manager:in packt von der ersten Minute mit an, stellt sich auf die jeweiligen Gegebenheiten ein und garantiert eine rasche und effektive Handlungsfähigkeit. Der Zeitraum, bis das eigene ESG-Management vollständig handlungsfähig ist, wird überbrückt.

Neben thematischen Arbeiten wird auch die Unternehmensorganisation durchleuchtet und eine solide Basis für ein hausinternes effizientes sowie effektives ESG-Management und -Reporting geschaffen.

Die externe Begleitung stellt auch sicher, dass Veränderungen der regulatorischen Rahmenbedingungen (CSRD, EU-Taxonomie, ESRS) oder neue Prozesse (bspw. Carbon Accounting) in die Erstellung mit einbezogen werden.

Im Beitrag „ESG: Herausforderungen in der Praxis“ finden Sie weitere konkrete und praxisrelevante Tipps und Tricks zur ESG-Einführung in Ihrem Unternehmen.