In einer weit fortgeschrittenen Unternehmenskrise hängt über den finanzierenden Banken und anderen Gläubigern immer ein Damoklesschwert namens „Quotenschaden“. Wenn z.B. ein Kreditinstitut in der Krise ein Unternehmen finanziert und dieses später dann ein Insolvenzverfahren einleitet, kann der Masseverwalter eine finanzierende Bank für die zwischenzeitlich eingetretene Quotenreduktion zur Rechenschaft ziehen (§ 31 IO). Wie sollen die finanzierenden Banken hier also entscheiden? Fällig stellen und einen veritablen Verlust realisieren oder weiterfinanzieren mit der Gefahr, später doppelt zur Kassa gebeten zu werden? Für die Berechnung des drohenden Quotenschadens wird in der Praxis die Weissel’sche Formel herangezogen, die Michael Geier von der Management Factory im Folgenden aus betriebswirtschaftlicher Sicht und juristisch stark vereinfacht beschreibt. Im Wissen um den maximalen Quotenschaden können die Finanzierungspartner somit entscheiden, ob das Risiko einer Weiterfinanzierung dafürsteht oder nicht.

Die Eröffnung eines Insolvenz- bzw. Konkursverfahren muss rechtzeitig erfolgen. Sollte aus einer verspäteten Anmeldung eine geringe Quote resultieren, als wenn der Antrag rechtzeitig erfolgt wäre (= Quotenschaden1), kann der Masseverwalter diesen Schaden beim Anfechtungsgegner (sofern die Zahlungsunfähigkeit bekannt war) geltend machen. Voraussetzung für die Geltendmachung des Quotenschadens ist weiters, dass eine objektive Erkennbarkeit der mittelbaren Nachteiligkeit gegeben ist. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn ein Sanierungskonzept offensichtlich untauglich ist. Die Prüfung einer solchen Verringerung des Befriedigungsfonds erfolgt mittels eines Quotenvergleichs. Dazu ist der zum Zeitpunkt des angefochtenen Rechtsgeschäfts gegebene Vermögensstatus dem tatsächlichen Status zum Zeitpunkt des (später eröffneten) Insolvenzverfahrens gegenüberzustellen.2

Zur Bemessung des Höchstausmaßes des zu bezahlenden Betrages wird auf die Weissel’sche Formel3 benannt nach Dr. Georg Weissel zurückgegriffen. Diese lautet wie folgt:

Z = durch den Anfechtungsgegner maximal zu leistender Betrag
Q = Quote, die bei rechtzeitiger Eröffnung des Insolvenzverfahrens zu erzielen gewesen wäre
P = Summe der Konkursforderungen der allgemeinen Klasse
A = zur Befriedigung der Konkursgläubiger der allgemeinen Klasse vorhandenen Masse 

Beispiel:

Bei rechtzeitiger Eröffnung des Insolvenzverfahrens, wäre bei einem verteilbaren Massevemögen von 26 Geldeinheiten und Insolvenzforderungen von 100 Geldeinheiten eine Quote von 26 % erzielbar gewesen. Tatsächlich wurde die Insolvenz zu einem späteren Zeitpunkt eröffnet und eine Quote von 15,7 %. Die Weissel’sche Formel – Anfechtungsmathematik für Fortgeschrittene realisiert. Der Anfechtungsgegner muss daher dem Masseverwalter 19,46 Geldeinheiten bezahlen (um die ursprüngliche (fiktive) Quote wiederherzustellen).

Die Probe zeigt, dass die Quote bei rechtzeitiger Eröffnung des Insolvenzverfahrens sowie nach Bezahlung des geforderten Betrages die Quote gleich hoch ist. Wesentlich dabei ist, dass der Anfechtungsgegner den bezahlten Betrag (19,46 Geldeinheiten) auch wieder als Insolvenzforderung anmelden kann (es erhöhen sich somit der Zähler (Aktiven) und der Nenner (Passiven)).

Diese Formel berechnet den Maximalbetrag, der tatsächlich zu bezahlende Betrag ist dreifach beschränkt, nämlich das Minimum aus Quotenschaden (Weissel‘sche Formel), dem Kreditrahmen und der Summe aller Kontoeingänge in der kritischen Zeit.4

1 Quotenschaden = fiktive Quote zum Zeitpunkt des nachteiligen Rechtsgeschäftes vs Quote zum Zeitpunkt (des später) eröffneten Insolvenzverfahren.
2 Quelle: König / Trenker, Anfechtung 11.72 & 11.73
3 Quelle: Die mittelbare Nachteiligkeit von Kreditschäften nach § 31 KO (ÖBA 7/92), Autor: Georg Weissel
4 Quelle: Bollenberger / Spitzer, Umfang der Haftung (§ 31)