Michael Geier (MF), Christian Kniescheck (MF), Michael Kohlmaier (Secop), Thomas Tschol (MF)


Der „Oscar“ unter den österreichischen Beraterpreisen ging heuer in der Kategorie „Strategisches Krisenmanagement“ an die Management Factory. Ausgezeichnet wurde die erfolgreiche Restrukturierung und Neupositionierung des Kompressorenherstellers Secop. Mit der Fokussierung des Unternehmens, der Verlagerung einer Produktionslinie in die Slowakei und dem Verkauf des steirischen Standorts an einen japanischen Konzern konnte ein Ergebnis erzielt werden, welches monetär und emotional von allen Stakeholdern als positiv bewertet wird.


In der Begründung der Jury heißt es: „Die Restrukturierung der Secop Austria GmbH in Fürstenfeld ist ein herausragendes Beispiel für die Verbindung von Beratung und Interim Management in der Krise. Die strategische und operative Sanierung des Kompressorenherstellers erfolgte agil und war durch eine außerordentlich hohe Anzahl an Stakeholdern von der Europäischen Kommission bis hin zum ÖGB sowie von großem Medieninteresse gekennzeichnet. Mit der Fokussierung der Secop Gruppe, der Verlagerung einer Produktionslinie in die Slowakei und dem Verkauf des steirischen Standorts an einen japanischen Konzern konnte ein Ergebnis erzielt werden, welches monetär und emotional von den Eigentümern, vom Management, von vielen MitarbeiterInnen und von der Politik positiv bewertet wird.“

Unsere Kollegen Christian Kniescheck, Michael Geier und Thomas Tschol erhielten am 23. September 2021 in Schloss Laxenburg gemeinsam mit Michael Kohlmaier von Secop den „Oscar“ unter den österreichischen Beraterpreisen überreicht.

Die Secop Gruppe stellt modernste Kompressoren für kommerzielle und mobile Kühlgeräte her, welche u.a. für die globalen Kühlketten der Covid-19 Impfstoffe benötigt werden.

Secop Kompressoren für die Bereiche Household, Light Commercial und Mobile Cooling (2020)

Ausgangsituation

Im Secop Konzern war die Secop Austria GmbH in Fürstenfeld seit vielen Jahren ein schwerer Sanierungsfall. Bei einem Umsatz von etwa € 60 Mio. wurden konstante Verluste von rund € 10 Mio. pro Jahr generiert. Das Eigenkapital war negativ und die Wirtschaftsprüfer verweigerten das Testat. Als dann Anfang 2019 die wichtigsten Kunden Preisreduktionen forderten und Mengenreduktionen ankündigten, war klar, dass eine strategische und operative Sanierung unausweichlich war. Die neuen Eigentümer von Secop beauftragten die Management Factory mit der Bewältigung der Krise. Herr Mag. Kniescheck, MBA, übernahm die Geschäftsführung der Secop Austria, und Herr Mag. Geier, StB, wurde CFO der Secop Gruppe.

Eingang zum Werksgelände der Secop Austria GmbH in Fürstenfeld (2019)

Strategische Lösung

Innerhalb weniger Wochen wurde ein schlüssiges Restrukturierungskonzept erarbeitet: Ausstieg der Secop-Gruppe aus dem verlustträchtigen Household-Geschäft, Fokus auf den Bereich Light Commercial und Mobile Cooling, Bündelung der Produktion in der Slowakei und in China, Verlagerung der steirischen Produktionslinien in die Slowakei und Forcierung der in Österreich und Deutschland angesiedelten R&D.

Herausforderungen

Die Herausforderungen der nächsten Monate war die Schließung des vier Hektar großen Werks in Fürstenfeld mit möglichst geringen Kosten bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der Arbeitsmoral. Die bestehenden Kunden mussten weiterhin beliefert werden, ein Puffer für die mehrmonatige Linienverlagerung war vorzuproduzieren, und aufgrund der hohen technischen Komplexität mussten die österreichischen Manager, Einsteller, Instandhalter und Prozesstechniker die Verlagerung der Produktion aktiv unterstützen. Zusätzlich war die Europäische Kommission einzubinden, war doch Secop 2019 aufgrund einer kartellrechtlichen Entscheidung an einen europäischen Investmentfonds verkauft worden. Auch war mit Kampfmaßnahmen des ÖGB zu rechnen.

Agile Arbeitsweise + Multi-Stakeholdermanagement + Multi-Projektmanagement + ehrliche Kommunikation = Krise als Chance

Nach der Ankündigung der Werkschließung am 22. Oktober 2019 galt es, alle Stakeholder (Eigentümer, Management, Betriebsrat, MitarbeiterInnen, Europäische Kommission, Lokalpolitik, ÖGB, IV, AK sowie Vermieter der Liegenschaft) und mehrere bei Secop tätige Beraterfirmen zu informieren und zu koordinieren. Wir setzen in Summe siebzehn Veränderungsprojekte und eine proaktive Öffentlichkeitsarbeit auf.

Die Ankündigung der Produktionsverlagerung löste zunächst eine Schockwelle aus, die medial großen Niederschlag fand. Vor allem Ende 2019 gab es viel Widerstand, da Secop damals noch keinen Käufer für die zweite Produktionslinie namens Delta hatte, welche im Rahmen der strategischen Neuausrichtung des Unternehmens nicht benötigt wurde. Auch war noch kein Nachmieter für den Produktionsstandort in Fürstenfeld gefunden. Es kam zu zwei Warnstreiks, und noch vor Ausbruch der Corona Pandemie veranstalteten die ProGe und die GPA einen eindrucksvollen Solidaritätsmarsch quer durch Fürstenfeld.

Mehrstündiger Protestmarsch in Fürstenfeld Anfang November 2019

Die Management Factory konnte im März 2020 mit dem Managementteam und dem Eigentümer eine Lösung unter Dach und Fach bringen, die schlussendlich die meisten Beteiligten zufriedenstellte. Statt einer Werkschließung konnte mit Nidec ein Käufer für die Delta-Linie und ein Nachmieter für Fürstenfeld gefunden werden, und Preiserhöhungen bei den Household-Kunden generierten ausreichend Cash für einen fairen Sozialplan und eine Arbeitsstiftung für die Mitarbeiter, die sich umschulen bzw. weiterbilden lassen wollten. Nach der Schulung von über 100 slowakischen Kollegen in Fürstenfeld bis Juli 2020 erfolgt ab August 2020 die stufenweise Verlagerung der Kappa-Linie nach Zlaté Moravce in der Slowakei. 2021 wurde das Projekt dann erfolgreich abgeschlossen. Trotz Covid-19 gelang die Verlagerung in time und on budget. Die nunmehr auf die Bereiche Light Commercial und Mobile Cooling fokussierte R&D von Secop bezog bereits im Sommer 2020 ein neues Quartier in Gleisdorf. Letztlich führte dieses Projekt zu einer nachhaltigen Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Kompressorenindustrie, da beide Produzenten (Secop und Nidec) gestärkt aus der Restrukturierung herausgingen. Und einmal mehr hat sich gezeigt, dass es in Krisen und bei Restrukturierungen zielführend ist, externe Managementpower und fachliche Expertise einzusetzen und einen ergebnisoffenen Zugang bei Veränderungsprozessen zu verfolgen.

Videos und Links zum Projekt

Video zur Einreichung der Management Factory für den Constantinus Award mit Szenen des Solidaritätsmarsches in Fürstenfeld (YouTube)

Video von der Preisverleihung des Constantinus Awards (YouTube)

Auszeichnung des Projekts als „Bestes Interim Management Projekt des Jahres“ durch den Dachverband Österreichisches Interim Manager (DÖIM)

Link zum » Constantinus Award

» Kurier 25.09.2021
» Trend 24.09.2021
» Wirtschaftszeit 27.09.2021